Daniela Stewart

Daniela Stewart

Manche Musik findet sich per Zufall, also zum Beispiel durch wildes Herumklicken im Internet oder durch Playlists von Freunden, Bekannten oder Musikern, deren Geschmack man vertraut. (Kein Wunder, dass Journalisten da einen schweren Stand haben heutzutage!) Ohne solch eine Playlist wäre mir Daniela Stewart nie im Leben begegnet. Wie ich inzwischen weiß, hat sie bei einem Label namens c.i.z. recordings veröffentlicht, und zwar fast ausschließlich über Bandcamp. Das Besondere: Ich bin mir gar nicht sicher, ob es sich hier um eine einzelne Person oder um einen Projektnamen handelt. Denn es gibt zwar eine wiederkehrende Stimme – aber die klingt doch recht automatisiert – oder extrem nachbehandelt. Immer wiederkehrende Instrumente sind auch nicht herauszuhören, dafür aber offenkundig viele Samples. Keine Fotos mit Personen darauf und das bei niemandem des gesamten Labels! Wie identifiziert man sich mit so etwas?

Nun, die Songs und Tracks sind gut, klug und originell. Bei meinen Nachforschungen – die dieses Projekt extrem anregt – habe ich zumindest einen Blog-Beitrag aus New York über Daniela Stewart gefunden, und eine internationale Compilation, die mir auch sehr gut gefällt. Begonnen hat mein Interesse aber mit „Invasion of the Facebook Characters, einem wirklich einfach gestrickten Song, der genau das ewige Zurschaustellen verweigert, das es thematisiert. Eine tolle Single von einem noch etwas durchwachsenen ersten Album, dem dann aber mit „Up Yet Dated“ ein zweites folgte, das wohl nicht nur mich recht lange beschäftigt hat. Ganz viele aktuelle politische Themen, Musik zwischen Elektropop, Postpunk und so etwas wie Industrial-Pop. Über allem diese fast technoide konzeptionelle Glätte, die aber permanent durch Krach und Störgeräusche gebrochen wird. Man weiß gar nicht, ob man sich wünschen soll, das dieses Album noch einmal etwas geglätteter (und vielleicht leicht gekürzt) noch einmal herausgebracht werden sollte, oder ob man wissen will, wie Daniela Stewart 2020 klingt.

Noch etwas zum Label: Es kommt offensichtlich aus Deutschland, arbeitet aber anscheinend mit Künstlern aus ganz Europa zusammen. Auch davon gibt es nicht viele. Dass außerdem bei allen Projekten von c.i.z. recordings Samples und diese speziellen Stimmen den Wiedererkennungswert ausmachen, deutet schon ein wenig in Richtung Konzeptkunst. Wer dafür auch eine Schwäche hat, sollte sich einmal durch all die Veröffentlichungen durchwühlen. Ganz sicher ist von diesen Leuten auch im kommenden Jahrzehnt noch einiges zu erwarten.