Rosa Neon
Manchmal sieht man eine Band, findet die vielleicht nett, jung und harmlos, spricht dann hinterher mit ihnen und fühlt sich plötzlich wie ein zynischer Betonstadt-Idiot. So oder ähnlich ergab es sich mir bei einem Auftritt von Rosa Neon im merkwürdig grau-beschaulichen Mülheim an der Ruhr. Der WDR hatte sie als eine der wenigen „echten Bands“ eingeladen, die im Rahmen einer Weltmusik-Reihe spielen dürfen. Mit „echte Band“ war in dem Zusammenhang tatsächlich „Pop“ gemeint, also keine Musiker-Band oder Ethno Jam Truppe, sondern so ein bisschen auch Produkt. Dieses „Produkt“ setzte sich dann am Ende des Auftritts an den Bühnenrand und sang ohne Instrumente und zum Teil ohne Mikrophon in ihrer Sprache mit dem Publikum.
Das war noch einmal extra so, als wollten sie sagen, dass sie keine brasilianische Band wie Cansei de ser Sesy sind oder sein wollen. Kein Electroclash, kein Deal mit Seattle. Vielleicht eher europäischer, aber auf jeden Fall modern und doch dem eigenen Land nicht abgewandt. Wer Brasilien zutraut, metropolenhafte Musik zu machen, die durchaus auch asiatische Einflüsse zulässt, ist bei dem neuen Album von 2019 ganz richtig.
Hören wir aber „Estrela do Mar“, einen der Hits des Konzertes und wie elegant minimalistisch hier vieles in das 21. Jahrhundert gerettet wird, das vielleicht schon bei einer Band wie Os Mutantes in den 60ern zwischendurch gut aufgehoben war. Auf der Höhe der Zeit sein, aber sich von ihr nicht völlig mitreißen lassen. Das Schöne an Rosa Neon ist eben eher, wie sie sich lieber mehr zurücknehmen als viele ihrer Ahnen im Pop.
Wo wünscht man sich so eine Band hin für das nächste Konzert? Im Grunde kann es schon eine 500er-Halle sein, aber ich würde natürlich lieber ein schönes Festival vorschlagen, das Luft lässt für Gruppen, die auch einmal leise Töne anschlagen können, ohne dass es gleich eine Rock- oder Klavierballade sein muss. Bis dahin ist aber noch genug Zeit, dem Album das eine oder andere Ohr zu schenken.